1. Börse: Korrektur
Die Börsen befinden sich im Korrekturmodus, was nach den kräftigen Gewinnen der vergangenen Monate jedoch völlig normal ist. Denn rufen wir uns in Erinnerung: Am 9. März hatte der Dax im Tief bei nur noch 3589 Punkten aufgeschlagen und am 2. Juni wurden in der Spitze 5178 angetippt. Der deutsche Leitindex hat sich also in knapp drei Monaten um 44% nach oben katapultiert und Kursgewinne in diesem Ausmaß kommen selbst in der Zwölf-Monats-Bilanz nur in Ausnahmejahren vor.
Die laufenden Konsolidierungen sind normal und vollkommen gesund. Kurzfristig ist der Markt zwar schwer kalkulierbar, doch die richtungsentscheidende 200-Tage-Linie verläuft bspw. zurzeit bei 4770 Punkten, sodass die langfristigen Trendpfeile nach wie vor nach oben zeigen. Und – was aus heutiger Sicht unwahrscheinlich ist – der Markt könnte sich nach der 1589-Punkte-Rallye seit den März-Tiefs theoretisch im Zuge einer typischen 50%-Korrektur kurzfristig sogar bis 4384 zurücksetzen, ohne die neue Hausse zu gefährden.
2. ifo: Dritter Anstieg in Folge wahrscheinlich
Zum Beginn der neuen Woche wird sich das Augenmerk der Marktteilnehmer auf den ifo Geschäftsklimaindex richten. So würde ein dritter Anstieg in Folge laut eigener Definition des ifo Instituts eine konjunkturelle Trendwende anzeigen. Zwar erfolgt das skizzierte Szenario auf einem absolut gesehen niedrigen Niveau – der Durchschnitt der Jahre 1999 bis 2008 liegt bei 96,9 Punkten –, dennoch entspräche ein erneutes Plus beim Gesamtindex im Juni unserer Einschätzung, dass es in der 2. Jahreshälfte 2009 zu einer Stabilisierung
der deutschen Wirtschaft kommt.
Mit Blick auf die jüngste Verbesserung der globalen Stimmungslage dürfte die Erwartungskomponente des ifo Index zum sechsten Mal hintereinander gestiegen sein. Gleichzeitig sollte sich die Auftragslage zuletzt weiter entspannt haben, sodass wohl auch die aktuelle Lagebeurteilung besser ausfällt als noch im Mai. Per Saldo rechnen wir mit einem Anstieg um 0,5 auf 84,7 Indexpunkte.
Im März hatte der Umfragewert noch bei 82,2 Punkten gelegen. Auch bei den Einkaufsmanagerindizes war zuletzt eine leichte Stimmungsaufhellung festzustellen.
3. Preisdruck: weg
Der Preisdruck in Deutschland und der Eurozone hat in den letzten Monaten spürbar nachgelassen. Mussten die deutschen Produzenten im Sommer 2008 gegenüber dem Vorjahreszeitraum stellenweise noch 8 % höhere Preise zahlen, war die Jahresrate zuletzt deutlich in den negativen Bereich abgerutscht. Mit Blick auf den weiterhin gedämpften Welthandel und die zunehmend unterausgelasteten Kapazitäten dürfte
sich dieser Trend vorerst fortsetzen. So rechnen wir im Mai mit dem siebten Monatsrückgang bei den Produzentenpreisen in Folge (Prognose: -0,6 % gg. Vm.). Die Jahresrate würde mit -4,1 % auf den niedrigsten Stand seit Februar 1987 zurückgehen.
Auch in den kommenden Monaten ist davon auszugehen, dass der Preisdruck niedrig bleibt. Allerdings dürften die Produzenten die höheren Energie- und Rohstoffpreise der letzten Wochen vermehrt zu spüren bekommen. Da jedoch der Preisüberwälzungsspielraum gering ist, wird an die Verbraucher wohl nur ein Teil der gestiegenen Kosten weitergegeben. Dies gilt auch auf europäischer Ebene. Da im aktuellen Umfeld also kaum Inflationsgefahren bestehen, rechnen wir auf absehbare Zeit nicht mit einer Verschärfung der Geldpolitik in der Eurozone.
Vielmehr dürfte die EZB ihren expansiven Kurs noch bis weit in das kommende Jahr hinein fortsetzen.
4. Erste Lichtblicke: 2010
Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat seine Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland für 2009/2010 vom März vor allem wegen der schlechter als erwarteten Entwicklung zu Jahres-beginn nach unten revidiert.
Im Winterhalbjahr 2008/2009 ist das reale Bruttoinlandsprodukt auf Jahresbasis hochgerechnet um 12 % gesunken und auf das Niveau von 2005 zurückgefallen. Die deutsche Wirtschaft befindet sich damit in der schwersten Krise seit Bestehen der Bundesrepublik. Obwohl eine Reihe von Frühindikatoren eine Bodenbildung signalisiert, bleibt die Unsicherheit über die weitere Entwicklung groß.
Die in den meisten Ländern ergriffenen geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen scheinen allmählich zu wirken. Bei der erwarteten „Seitwärtsentwicklung“ der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte wird das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahresdurchschnitt 2009 um knapp 6 % niedriger als 2008 sein.
Die Perspektiven für 2010 sind nicht nur wegen mangelnder Erfahrungen mit solchen Krisensituationen mit hoher Unsicherheit behaftet, sondern hängen in entscheidender Weise auch vom wirtschaftspolitischen Handeln ab. Aufgrund der erforderlichen Anpassungsprozesse wird die deutsche Wirtschaft im Laufe des kommenden Jahres allenfalls geringfügig wachsen, im Jahresdurchschnitt etwa unverändert bleiben. Die Arbeitslosigkeit wird bei dieser Entwicklung deutlich zunehmen. Für Preiserhöhungen wird im Prognosezeitraum kaum Spielraum sein.